Ein Bezirksgericht in North Carolina hat Merck verpflichtet, den Klägern, die den Pharmariesen wegen mutmaßlich durch den Impfstoff gegen das humane Papillomavirus (HPV) verursachter Schädigungen verklagt haben, alle Datenbanken mit unerwünschten Ereignissen infolge der Gardasil-Impfung auszuhändigen.

Die Datenbanken, die Informationen aus dem Merck Adverse Event Reporting and Review System (MARRS) – Mercks Version des Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS) – enthalten, sollten alle Berichte über unerwünschte Gardasil-Ereignisse umfassen, die von Ärzten, Patienten und Publikationen eingereicht wurden, sagte der Anwalt der Kläger, Michael Baum, gegenüber The Defender.

In seiner Verfügung vom 20. März sagte US-Bezirksrichter Robert J. Conrad, Jr.: „Die Kläger und ihre Experten sollten die gleiche Möglichkeit wie Merck haben, die Gesamtheit der Daten zu überprüfen und zu analysieren.”

Merck hatte sich bislang geweigert, den Anwälten der Kläger die gesamten MARRS-Datenbanken zur Verfügung zu stellen.

Gardasil ist ein weit verbreiteter Impfstoff, der Jugendlichen und jungen Erwachsenen verabreicht wird, bevor sie sexuell aktiv sind, um sie vor HPV-Infektionen zu schützen, die später im Leben sexuell übertragen werden können.

HPV-Infektionen können zur Entstehung von Gebärmutterhalskrebs führen. Die meisten Infektionen sind jedoch gutartig und heilen von selbst aus.

Die Kanzlei Wisner Baum (ehemals Baum Hedlund Aristei & Goldman) und Robert F. Kennedy Jr., Vorsitzender von Children’s Health Defense, haben mehr als zwei Dutzend Klagen im Namen von jungen Menschen eingereicht, die durch Gardasil geschädigt wurden. Sie machen geltend, Merck habe die Risiken des Impfstoffs wissentlich und in betrügerischer Absicht verschwiegen.

Die Klagen sind nur ein Teil der mehr als 80 Klagen, die vor den Bundesgerichten anhängig sind, und es wird erwartet, dass diese Zahl noch steigen wird. Im August 2022 hat ein gerichtliches Gremium die Klagen in einem einzigen Bundesgerichtssaal zusammengefasst.

Zu den nach der HPV-Impfung beobachteten Folgen – von denen einige der Kläger betroffen sind – gehören dauerhafte Behinderungen wie Autoimmun- und neurologische Erkrankungen, etwa das posturale orthostatische Tachykardiesyndrom (POTS), Fibromyalgie und myalgische Enzephalomyelitis/chronisches Erschöpfungssyndrom, berichtet The Defender.

Weltweit gibt es Tausende von Berichten über unerwünschte Ereignisse, von Fachleuten geprüfte wissenschaftliche Literatur aus den USA, Australien, Dänemark, Schweden, Frankreich und Japan sowie von den Gesundheitsbehörden dieser Länder veröffentlichte Statistiken, die einen plausiblen Zusammenhang zwischen der HPV-Impfung und Autoimmunerkrankungen belegen.

Merck behauptet, dass es in den Daten kein Sicherheitssignal für Autoimmunerkrankungen gibt. Die Kläger behaupten jedoch, Merck habe dieses Beweismittel aufgestellt, indem es entsprechende Berichte unberücksichtigt gelassen hat.

Baum erklärte gegenüber The Defender, dass der Zugang zu dieser vollständigen Datenbank mit Berichten über unerwünschte Ereignisse es Experten ermöglichen sollte, das gesamte Ausmaß der Häufung von Autoimmunerkrankungen nach der Verabreichung von Gardasil besser zu analysieren und nachzuweisen, dass es einen „statistisch signifikanten kausalen Zusammenhang zwischen Gardasil und Autoimmunerkrankungen” gibt.

Gardasil hat eine lange Geschichte von unerwünschten Autoimmunreaktionen

Obwohl Merck Gardasil als „sicher und wirksam” vermarktet, traten in der Tat schon frühzeitig, also während der klinischen Studien des Impfstoffs, Sicherheitssignale auf. Dennoch erteilte die US-Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) dem Impfstoff nach einem nur sechsmonatigen Prüfverfahren die Fast-Track-Zulassung.

Im Jahr 2006 wurde Gardasil in den USA und Europa zugelassen. Doch innerhalb weniger Jahre tauchten Berichte über schwerwiegende unerwünschte Ereignisse auf – zunächst in den Medien und dann in wissenschaftlichen Fachzeitschriften.

Im Jahr 2013 war Gardasil in den USA für drei Fünftel aller schwerwiegenden Impfreaktionen verantwortlich, die bei jungen Frauen unter 30 Jahren gemeldet wurden, darunter 64 % der Todesfälle und 81 % der Fälle mit bleibender Behinderung.

Auch in Australien, Japan und anderen europäischen Ländern wurden damals unverhältnismäßig hohe Raten von unerwünschten Ereignissen gemeldet.

Doch 2014 genehmigte die FDA eine neue Version des Impfstoffs, das neunvalente Gardasil 9. Und im Jahr 2016 – als GlaxoSmithKline (GSK) seinen konkurrenzschwachen bivalenten HPV-Impfstoff Cervarix vom US-Markt zurückzog – wurde Gardasil 9 „the only game in town” [die einzige Möglichkeit].

Gardasil 9 ist von der FDA für Männer und Frauen im Alter von 9 bis 45 Jahren zugelassen.

Aufgrund der hohen Zahl von Berichten über schwerwiegende unerwünschte Ereignisse in Dänemark und auf der ganzen Welt ersuchte die dänische Gesundheits- und Arzneimittelbehörde 2015 die Europäische Kommission, den Zusammenhang zwischen Gardasil und schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen zu untersuchen.

Einige Monate später veröffentlichte die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) – das europäische Pendant zur FDA – einen Bericht, in dem sie zu dem Schluss kam, dass es keinen Zusammenhang zwischen HPV-Impfstoffen und schweren neurologischen unerwünschtens Ereignissen gibt.

Ein durchgesickertes, vertrauliches Dokument der EMA zeigt jedoch, dass es eine erhebliche Uneinigkeit unter den Experten der Behörde gab.

Ein in der Fachzeitschrift The BMJ Evidence-Based Medicine veröffentlichter Artikel enthüllte außerdem, dass die EMA ihre Bewertung auf der Grundlage fehlerhafter Daten und Analysen von Impfstoffherstellern vornahm, zwingende Beweise von unabhängigen Forschern und dem Uppsala Monitoring Centre außer Acht ließ und unter Verletzung ihrer eigenen Vorschriften Experten mit finanziellen Interessenkonflikten zu Rate zog.

Angesichts der anhaltenden Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit den Enthüllungen über die fehlerhafte Studie der EMA führten Rebecca Chandler et al. weitere Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen dem HPV-Impfstoff und Autoimmunerkrankungen durch, die 2017 in der Zeitschrift Drug Safety veröffentlicht wurden.

Autoimmunerkrankungen können schwer zu erkennen sein und ihre Diagnose ist langwierig, da sie typischerweise durch Kombinationen einer breiten Palette von Symptomen gekennzeichnet sind, die mit einer Reihe von anderen Krankheiten in Verbindung gebracht werden können.

Ein einzelnes Symptom allein liefert möglicherweise nicht genügend Informationen, um einen Arzt auf die zugrunde liegende Ursache aufmerksam zu machen.

Um Autoimmunerkrankungen im Zusammenhang mit dem HPV-Impfstoff zu identifizieren, führten Chandler und ihr Team eine Clusteranalyse von VigiBase durch, der internationalen Datenbank der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für vermutete unerwünschte Arzneimittelwirkungen.

Sie führten eine statistische Analyse der Berichte über unerwünschte HPV-Ereignisse durch, wobei sie nach Symptomgruppen suchten, die mit Autoimmunerkrankungen wie POTS, CRPS und CFS in Verbindung gebracht werden – und nicht nur nach Fällen, in denen eine Autoimmunerkrankung definitiv diagnostiziert wurde – und fanden statistisch signifikante Raten von schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen im Zusammenhang mit Gardasil.

Es ist eine von mehreren neueren Studien, die Gardasil mit Autoimmunproblemen in Verbindung bringen.

Im Rahmen dieser nun gebündelten Klage bemühen sich die Kläger seit mehreren Jahren um Zugang zur Datenbank von Merck, um eine Clusteranalyse aller von Merck gesammelten Daten durchführen zu können.

Big Pharma wegen Impfschäden zu verklagen ist schwierig – aber möglich

Impfstoffhersteller können für Schäden haftbar gemacht werden, die durch einen vollständig zugelassenen Impfstoff verursacht werden – es sei denn, dieser Impfstoff wird in den CDC-Impfplan für Kinder aufgenommen.

Der HPV-Impfstoff ist in dieser Liste aufgeführt.

Personen, die durch Impfstoffe, die in der Liste der Kinderimpfungen aufgeführt sind, geschädigt wurden, können eine Entschädigung durch das vom Steuerzahler finanzierte National Vaccine Injury Compensation Program (VICP) beantragen, eine verschuldensunabhängige Alternative zum normalen Rechtssystem für Ansprüche wegen Impfschäden.

Viele Menschen wissen jedoch nicht, dass Antragsteller, die mit dem Ergebnis des VICP-Verfahrens unzufrieden sind, das Pharmaunternehmen direkt vor einem Zivilgericht verklagen können, sofern der Antragsteller das VICP-Verfahren abgeschlossen hat.

Baum erklärte gegenüber The Defender, dass das VICP mehr als 70 Millionen Dollar an Personen ausgezahlt hat, die Ansprüche in Bezug auf Gardasil geltend machen, dass aber in den letzten Jahren die Zahlungen für Autoimmunkrankheiten ohne Erklärung eingestellt wurden.

Die Klagen gegen Merck, in denen geltend gemacht wird, dass der HPV-Impfstoff zur Behinderung führende Autoimmunkomplikationen verursacht hat, sind ein Ergebnis dieses Prozesses.

Baum sagte dem Defender auch, dass ein Antragsteller nur drei Jahre ab dem Auftreten der Symptome Zeit hat, um eine Klage einzureichen, aber da Autoimmunerkrankungen schwierig zu diagnostizieren sind, werden viele Menschen erst nach Ablauf der Verjährungsfrist diagnostiziert.