Die Schweiz ist das jüngste europäische Land, das die COVID-19-Impfung nicht mehr für die Allgemeinbevölkerung empfiehlt.

In den neuen Richtlinien des schweizerischen Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF) wird die Impfung für die Frühlings- und Sommersaison nicht empfohlen, auch nicht für Personen, die als besonders gefährdet gelten.

Laut Medical Daily begründeten die Schweizer Ärzte ihre neuen Empfehlungen mit dem hohen Grad an Immunität in der Bevölkerung, sei es durch Impfung oder natürliche Immunität.

„Grundsätzlich wird im Frühling/Sommer 2023 keine COVID-19-Impfung empfohlen”, so das BAG. „Fast alle Personen in der Schweiz sind geimpft und/oder haben Covid-19 durchgemacht. Ihr Immunsystem hat sich entsprechend mit dem Coronavirus auseinandergesetzt.”

Schweizer Seroprävalenzdaten von Mitte 2022 zeigen, dass mehr als 98 % der Bevölkerung des Landes Antikörper gegen COVID-19 entwickelt haben, berichtete die Epoch Times.

Laut Swiss Info „haben in der Schweiz rund 70 % der Bevölkerung mindestens eine COVID-[Impf-]Dosis  erhalten, eine Zahl, die sich im letzten Jahr kaum verändert hat. Nur 11,5 % haben in den letzten sechs Monaten eine Auffrischungsimpfung erhalten.”

Nach Angaben der Schweizer Gesundheitsbehörden deuten die Daten auch darauf hin, dass COVID-19 in diesem Jahr weniger verbreitet sein wird, da neuere Varianten mildere Krankheitsverläufe verursachen als frühere Stämme.

Die Entscheidung, die Impfstoffe nicht zu empfehlen, wird nach Angaben der Gesundheitsbehörden für die Herbst- und Wintersaison neu bewertet werden. Medical Daily berichtete, dass die neuen Empfehlungen „angepasst würden, falls sich eine neue Infektionswelle abzeichnen sollte”.

Haftung für Impfschäden wird auf die Ärzte verlagert

Wie das Schweizer Magazin Report 24 berichtet, dürfen Ärzte den COVID-19-Impfstoff gemäß der neuen Empfehlung nur noch von Fall zu Fall und unter bestimmten Bedingungen verabreichen.

Wie Medical Daily unter Berufung auf das BAG berichtet, können Hochrisikopersonen, darunter Personen ab 65 Jahren, immungeschwächte Personen und Schwangere nach wie vor gegen COVID-19 geimpft werden, allerdings nur nach einer individuellen Beratung durch ihren Arzt.

Wenn eine Impfung empfohlen wird, sollte sie mindestens sechs Monate nach der letzten Impfung oder der letzten bekannten COVID-19-Infektion verabreicht werden.

Das BAG teilte weiter mit:

„Auch besonders gefährdeten Personen wird momentan grundsätzlich keine Covid-19-Impfung empfohlen. Sie können aber nach individueller Abklärung mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt eine Impfung erhalten.”

„Die Impfung kann im Einzelfall sinnvoll sein, denn sie verbessert den Schutz vor schwerer Erkrankung für mehrere Monate. Dies gilt unabhängig von der Anzahl Impfungen, die Sie insgesamt bereits erhalten haben.”

Das BAG stellte jedoch auch fest, dass die Wirksamkeit der COVID-19-Impfstoffe gegen die aktuellen Varianten vermindert und von kurzer Dauer ist, insbesondere bei Personen, die als Risikopersonen gelten, so das Magazin Report 24.

Das BAG hat auch festgestellt, dass die Anpassung der mRNA-Impfstoffe nicht mit der Entstehung neuer COVID-19-Stämme Schritt gehalten hat.

Die neuen Empfehlungen haben auch wichtige Auswirkungen auf Fragen wie die Bezahlung der Impfstoffe und die Haftung im Zusammenhang mit Impfstoffen.

„Wenn die Impfung nicht mehr empfohlen wird, würde dies bedeuten, dass die Impfung nicht mehr von der Regierung bezahlt wird”, berichtet Medical Daily. „Nicht-Risiko-Personen, die die Impfung oder eine Boosterimpfung erhalten möchten, müssten dafür bezahlen.”

Bei Risikopersonen, denen eine Impfung empfohlen wird, würde die Krankenversicherung die Kosten für die Impfung übernehmen.

Die neuen Empfehlungen sehen auch eine Verlagerung der Haftung für Impfstoffe vor. Gemäss den Richtlinien, die das BAG am 29. November 2022 in Kraft gesetzt hat, entschädigt der Bund Impfgeschädigte nur dann, wenn die Impfung von den Gesundheitsbehörden empfohlen wird.

Die Haftung verlagert sich somit auf die Ärzte, die die Impfstoffe verabreichen. Laut Report 24 „dürfte dies dazu führen, dass die Bereitschaft zum Impfen deutlich abnehmen wird“.

Wie Swiss Info am 23. Januar berichtete, sagte Dr. Christoph Berger, Leiter der Abteilung für Infektionskrankheiten am Kinderspital Zürich und Vorsitzender der Eidgenössischen Impfkommission, dass die COVID-19-Impfstoffe die Ziele der Schweizer Regierung zum Schutz der Schwachen und zur Entlastung des Gesundheitssystems erfüllen.

Trotz der Behauptung, dass „der Nutzen der Impfung die Risiken bei weitem überwiegt“, relativierte Berger diese Aussage jedoch mit den Worten: „Es ist klar, dass es unerwünschte Impfreaktionen, auch schwere Impfschäden gibt. Wir müssen diese Menschen und ihr Leid ernst nehmen und auch ihnen helfen”.

„Es gibt noch keine eindeutige Diagnose für dieses Post-Vac-Syndrom. Der Begriff ist ein Sammeltopf für verschiedene Symptome, die zumindest in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung stehen könnten. Vielleicht ist der Zusammenhang kausal oder auch nicht”, fügte er hinzu.

Ähnlich äußerte sich der deutsche Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach – früher ein Befürworter einer nationalen Impfpflicht, der einmal – am 12. März 2023 – erklärte, COVID-19-Impfstoffe hätten „keine Nebenwirkungen”.

Mehrere Länder und die WHO haben ihre COVID-Impfempfehlungen ebenfalls überarbeitet

Die Schweiz ist nicht das einzige europäische Land, das die COVID-19-Impfung nicht mehr empfiehlt.

Im April 2022 setzte Dänemark seine nationale COVID-19-Impfkampagne aus und ging zu einem gezielten Ansatz über. Und seit dem 12. Februar empfiehlt Großbritannien keine Boosterimpfungen mehr für gesunde Personen und stellt die kostenlose Verteilung der ersten COVID-19-Impfstoffserie mit zwei Dosen ein.

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ihre Empfehlungen geändert.

Am 28. März gab die WHO bekannt, dass ihre Strategische beratende Expertengruppe für Impfungen (SAGE) „den Fahrplan für die Priorisierung des Einsatzes von COVID-19-Impfstoffen überarbeitet hat, um die Auswirkungen von Omikron und die hohe Immunität der Bevölkerung aufgrund von Infektionen und Impfungen zu berücksichtigen”.

Der neue Fahrplan rückt von einer universellen COVID-19-Impfempfehlung ab und teilt die Menschen stattdessen in drei „Prioritätsgruppen” ein, wobei die laufende Verabreichung von Boosterimpfungen nur für die „Gruppe mit hoher Priorität” empfohlen wird.

Zu dieser Gruppe gehören „ältere Erwachsene, jüngere Erwachsene mit signifikanten Begleiterkrankungen (z. B. Diabetes und Herzkrankheiten), Menschen mit Immunschwäche (z. B. HIV-Infizierte und Transplantatempfänger), einschließlich Kinder ab 6 Monaten, Schwangere und medizinisches Personal an vorderster Front”.

„Die Auswirkungen der Impfung gesunder Kinder und Jugendlicher auf die öffentliche Gesundheit sind vergleichsweise viel geringer als der nachgewiesene Nutzen herkömmlicher essenzieller Impfstoffe für Kinder”, so die WHO.

Die überarbeiteten Empfehlungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem die US-amerikanische Gesundheitsbehörde Food and Drug Administration (FDA) weiterhin die erste Serie von COVID-19-Impfstoffen für ungeimpfte Personen empfiehlt und nach Angaben von Medical Daily in den kommenden Wochen eine zweite bivalente Boosterimpfung genehmigen wird.

COVID hat „seinen Schockwert“ verloren

Schon vor der jüngsten Überarbeitung der Richtlinien war das Schweizer COVID-19-Impfprogramm mit Schwierigkeiten behaftet.

Im Mai 2022 sollte die Schweiz 620.000 abgelaufene Dosen des Moderna-COVID-19-Impfstoffs vernichten. Endpoints stellte damals fest, dass „die Zahl der Impfungen in der vorangegangenen Periode stark zurückgegangen ist”.

Im darauffolgenden Monat war das Schweizer Parlament in der Frage der Beschaffung neuer COVID-19-Impfstoffe gespalten, wobei Parlamentarier argumentierten, dass die Anzahl der Dosen, die die Regierung bestellen wollte, „übertrieben“ sei. Letztendlich kaufte die Regierung nur die Hälfte der geplanten Anzahl an Dosen.

Und im September 2022 vernichtete die Schweiz weitere 10,3 Millionen abgelaufene Dosen des COVID-19-Impfstoffs von Moderna.

In einem Bericht von Swiss Info vom 11. März heißt es, die Schweiz sehe sich „mit riesigen Lagerbeständen [an COVID-19-Impfstoffen] konfrontiert”.

„Millionen unbenutzter Ampullen mit abgelaufenem Verfallsdatum wurden bereits vernichtet. Wahrscheinlich werden dieses Jahr weitere Millionen auf dem Müll landen, da sie weder ohne weiteres verkauft noch an ärmere Länder gespendet werden können, denen sie versprochen wurden”, heißt es im Bericht von Swiss Info.

Derselbe Bericht nennt „Impfmüdigkeit und Pandemiemüdigkeit im Allgemeinen” als Erklärung für die stagnierende Nachfrage nach COVID-19-Impfstoffen im Land. Hinzu käme eine „höhere Immunität in der Gesellschaft, die Ermüdung gegenüber den behördlichen Schutzmassnahmen und ein besseres Bewusstsein über die Gefahren von Covid”.

Ein BAG-Vertreter sagte damals gegenüber dem Schweizer Radio SRF: „Das Coronavirus hat auch in der öffentlichen Wahrnehmung etwas von seinem Schockwert verloren.”