Das Bundesbezirksgericht für den nördlichen Bezirk von Kalifornien entschied am Donnerstag, dass die US Food and Drug Administration (FDA) bei der Zulassung von gentechnisch verändertem Lachs gegen grundlegende Umweltgesetze verstoßen hat. Nach Ansicht des Gerichts ignorierte die FDA die schwerwiegenden Umweltauswirkungen der Zulassung von gentechnisch verändertem Lachs sowie der Pläne für die Zucht und Vermarktung der Lachse in den USA und weltweit und verstieß damit gegen den National Environmental Policy Act. Des Weiteren befand das Gericht, dass die einseitige Beurteilung der FDA, dass gentechnisch veränderter Lachs keinerlei Auswirkungen auf den hochgradig gefährdeten, wilden Atlantiklachs haben würde, falsch war und einen Verstoß gegen den Endangered Species Act darstellt. Das Gericht wies die FDA an, das Projekt erneut zu prüfen. Die Behörde ist nun verpflichtet, die Umweltfolgen einer Freisetzung von gentechnisch verändertem Lachs in die freie Wildbahn gründlich zu untersuchen.

„Das heutige Urteil ist ein entscheidender Sieg für den gefährdeten Lachs und unsere Ozeane“, kommentierte George Kimbrell, juristischer Leiter des Center for Food Safety und Prozessvertreter in diesem Fall. „Gentechnisch veränderte Tiere bringen neuartige Risiken mit sich, die von Aufsichtsbehörden unter Anwendung solider wissenschaftlicher Methoden minuziös untersucht werden müssen. Sie dürfen nicht einfach den Kopf in den Sand stecken, wie es die Beamten in diesem Fall getan haben. Tatsächlich ist dieser gentechnisch veränderte Fisch mit unerforschten Risiken behaftet. Das Letzte, was unser Planet jetzt braucht, ist eine weitere von Menschenhand geschaffene Krise durch einen freigesetzten gentechnisch veränderten Fisch, der Amok läuft.“

Im Jahr 2016 verklagten das Center for Food Safety und Earthjustice stellvertretend für eine breite Kundengruppe aus Umwelt-, Verbraucher-, Handels- und Freizeitfischereiorganisationen sowie der Quinault Indian Nation die FDA wegen der Zulassung des allerersten gentechnisch veränderten Tieres, das kommerziell vermarktet werden sollte. Es handelte sich um einen atlantischen Lachs, der so manipuliert wurde, dass er doppelt so schnell wächst wie sein wild lebendes Gegenstück. Der genveränderte Lachs wurde von AquaBounty Technologies, Inc. mit DNA von Atlantischem Lachs, Pazifischem Königslachs und Arktischem Aalfisch gezüchtet. Damit hat erstmals eine Regierung ein gentechnisch verändertes Tier als Lebensmittel zur kommerziellen Vermarktung zugelassen.

Dem Gericht zufolge hat es die FDA versäumt, die Umweltrisiken dieses neuartigen gentechnisch veränderten Fisches zu beurteilen und zu untersuchen. Wenn gentechnisch veränderte Lachse entkommen oder versehentlich in die Umwelt freigesetzt werden, könnten die neuen Arten die Wildpopulationen bedrohen, indem sie sich mit gefährdeten Lachsarten paaren, ihnen im Kampf um knappe Ressourcen und Lebensraum den Rang ablaufen und/oder neue Erkrankungen einschleppen. Die weltweit führenden Experten für gentechnisch veränderten Fisch und Risikobewertung sowie Biologen der US-amerikanischen Naturschutzbehörden, die für den Schutz von Fischen und Wildtieren zuständig sind, kritisierten die FDA-Zulassung heftig, weil sie die Auswirkungen von gentechnisch veränderten Lachsen auf die einheimischen Lachspopulationen nicht bewertet hatte. Bei der endgültigen Zulassung ignorierte die FDA jedoch ihre Bedenken.

„Dieses Urteil unterstreicht, was Wissenschaftler der FDA seit Jahren sagen. Ihnen zufolge stellt die Zucht von gentechnisch verändertem Lachs ein inakzeptables Risiko dar, sollten die Fische entkommen und mit unseren Wildlachsen interagieren. Die FDA muss dieses Risiko verstehen, um Schaden zu verhindern”, erklärte der geschäftsführende Anwalt von Earthjustice, Steve Mashuda. „Unsere Bemühungen sollten sich auf die Rettung der Wildlachspopulationen konzentrieren, die wir bereits haben, und nicht auf die Zucht neuer Arten, die eine weitere Bedrohung für ihr Überleben darstellen könnten.“

Studien zufolge ist die Gefahr groß, dass gentechnisch veränderte Organismen in die Umwelt gelangen und sich die gentechnisch veränderten Lachse mit den nativen Fischarten kreuzen. Eine „transgene Verunreinigung“, bei der Pflanzen durch gentechnisch veränderte Arten fremdbestäubt werden oder sich auf benachbarten Feldern oder in der freien Natur ausbreiten, ist mittlerweile keine Seltenheit mehr. Solche Kontaminationen haben die Landwirte in den USA in den letzten zehn Jahren mehrere Milliarden Dollar gekostet. Bei Wildorganismen wie Fischen würden noch größere Schäden entstehen.

Das Gericht wies auch das Argument der FDA zurück, ihr fehle die Kompetenz, die nachteiligen ökologischen Auswirkungen von gentechnisch veränderten Tieren, darunter auch der gentechnisch veränderte Lachs, zu beurteilen. Anders zu urteilen, so das Gericht, würde zu „absurden Möglichkeiten“ führen, wie der Zulassung von gentechnisch veränderten Tieren, die anderen Lebewesen schweren Schaden zufügen könnten. Nach Ansicht des Gerichts musste die FDA bei ihrer Entscheidung Umweltrisiken berücksichtigen.

Im Zuge des Prozesses wurde auch das Versäumnis der FDA hervorgehoben, die Umwelt zu schützen und die Naturschutzbehörden im Rahmen des Überprüfungsverfahrens zu konsultieren, wie es das Bundesgesetz vorschreibt. Der atlantische Lachs aus den USA und viele Populationen des pazifischen Lachses sind durch den Endangered Species Act geschützt und vom Aussterben bedroht. Lachse zählen zu den Schlüsselarten, und die einzigartigen Lachswanderungen ernähren Menschen und Wildtiere seit vielen tausend Jahren. Auch heute noch sind die zahlreichen Lachswanderungen für die Selbstversorgung der Ureinwohner von entscheidender Bedeutung. Sie sichern den Lebensunterhalt mehrere tausend amerikanische Fischerfamilien. Zudem wird Lachs auf den heimischen Märkten als gesundes, regionales und „grünes“ Nahrungsmittel sehr geschätzt.

„Lachs steht im Mittelpunkt unserer kulturellen und spirituellen Identität, unserer Ernährung und unserer Lebensweise. Es ist vermessen und arrogant zu denken, der Mensch könne die Perfektion der göttlichen Schöpfung verbessern und damit unternehmerische Ziele und Gier rechtfertigen“, betont Fawn Sharp, Präsident der Quinault Indian Nation. „Unsere Verantwortung als Fürsprecher unserer heiligen Lachse erfordert, ihren natürlichen Lebensraum und ihre Genetik offensiv zu schützen. Wir begrüßen die heutige Gerichtsentscheidung ausdrücklich. Unsere Gebete wurden erhört und die Gerechtigkeit hat am Ende gesiegt.“

„Die Vorstellung, gentechnisch veränderte ‘Frankensteinfische’ zu züchten, durch die, wenn sie in die freie Wildbahn gelangen (was unweigerlich der Fall sein wird), unsere durch nichts ersetzbaren Lachswanderungen gefährdet werden könnten, ist schrecklich“, kommentierte Mike Conroy, Geschäftsführer der Pacific Coast Federation of Fishermen’s Associations (PCFFA), einer der Klägergruppen in diesem Verfahren. „Sind manipulierte Gene erst einmal in den Genpool des Wildlachses eingebracht worden, kann dies nicht mehr rückgängig gemacht werden. Dieses Urteil ist ein großer Sieg für den Wildlachs, die Familien der Lachsfischer und die von ihnen abhängigen Gemeinden sowie für die Anstrengungen zum Schutz des Lachses weltweit.“

„Gentechnisch veränderter Lachs gefährdet den Wildlachs und stellt einen gefährlichen Präzedenzfall in Bezug auf andere gentechnisch veränderte Tiere wie beispielsweise Kühe und Hühner dar, deren Gene speziell für die Massentierhaltung angepasst wurden. Diese könnten dadurch in unseren Nahrungskreislauf gelangen. Wir applaudieren dem Gericht für dieses sorgfältig begründete Urteil“, sagte Dana Perls, Programm-Managerin für Lebensmittel und Technologie bei Friends of the Earth U.S. „Alle Produkte, die mittels Gentechnik hergestellt werden, insbesondere lebende Tiere wie gentechnisch veränderter Lachs, sollten einer gründlichen und sorgfältigen Beurteilung der Auswirkungen auf unsere Gesundheit und Umwelt unterzogen, ordnungsgemäß reguliert und klar gekennzeichnet werden, bevor sie auf den Markt kommen.“

„Lachsfischer und ihre Ehefrauen wollen diese im Labor gezüchteten Lachse weder in unseren Gewässern noch auf einem Fischmarkt oder in einem Restaurant sehen“, kommentierte John McManus, Präsident der Golden State Salmon Association. „Die Federal Food and Drug Administration hat Amerika mit ihrer Entscheidung, das Umweltrisiko einfach zu ignorieren, das mit diesen Fischen einhergeht, eindeutig im Stich gelassen.“

Zu den Klägern, die vom Center for Food Safety und Earthjustice vertreten werden, gehören das Institute for Fisheries Resources, die Pacific Coast Federation of Fishermen’s Associations, Cascadia Wildlands, das Center for Biological Diversity, das Center for Food Safety, das Ecology Action Centre, Food and Water Watch, Friends of the Earth, Friends of Merrymeeting Bay, Golden Gate Salmon Association und die Quinault Indian Nation.

Veröffentlicht mit Genehmigung des Center for Food Safety.